02 10 Naxos Berge

Dorfleben in Filoti
Dorfleben in Filoti

Sonntag, 02. Oktober – Naxos Berge

9.45 Uhr zum Bus-Parkplatz und Abfahrt. Erster Ausstieg in Filoti. Das Dorf befindet sich im Zentrum der Insel Naxos und ist auf allen Seiten von Bergen umgehen. Höchster Punkt der Kykladen ist der legendäre «Ζα» (1.004 m), wo der Mythologie nach Göttervater Zeus seine Kindheit verbrachte, versteckt vor seinem kinderfressenden Vater Kronos. Filoti ist mit etwa 1.800 ständigen Bewohnern, die hauptsächlich von der Landwirtschaft und Viehzucht leben, das größte Dorf der Kykladen. Bei unserer Ankunft am Sonntagvormittag strömen sämtliche Bewohner aus der Kirche und lassen sich mit „Tüten“ (Kuchen?) im Wirtshaus an dem großen Dorfplatz mit riesigem Baum nieder. In der leeren Kirche mit ihren beiden Glockentürmen werden wir freundlich von einer Frau empfangen, steigen noch durch einige Stufengässchen, und schon ist die halbe Stunde vorbei, bleibt aber in positiver Erinnerung.

In der nächsten Ortschaft Apiranthos geht es ruhiger zu. Die Häuser liegen auf einem Bergrüc­ken. Gegen Ende der venezianischen Periode (17. Jh.) wurde von den katholischen Lehnsherren ein Wohnturm in der Dorfmitte errichtet, vor dessen Rundbogentor wir uns neugierig umschauen. Beim Weitergehen fallen uns die charakteristischen Merkmale der hiesigen Architektur auf. Es sind die mit Marmorplatten ausgelegten Gassen und die abgeschnittenen Ecken der Eckbebauung, durch die vermieden werden sollte, dass schwer beladene Esel in den engen Gassen anstoßen. Die Häuser sind eng verschachtelt, dazwischen einige kleine Kirchen. Die große bedeutende Dorfkirche stammt aus dem 18. Jh. und ist eine der ältesten Kirchen der Insel.

Das Dorf gelangte im 19. und zu Beginn des 20. Jh. durch den Schmirgelabbau zu einigem Wohlstand. Wegen seiner großen Härte wird Schmirgel als Schleifmittel verwendet. Der jüdische Unternehmer Julius Pfungst sicherte sich vertraglich das Alleinverkaufsrecht für Deutschland. Dieser Exclusivvertrag gab ausschließlich ihm das Recht, den auf Naxos abgebauten echten Schmirgel weltweit zu vermarkten. Zu diesem Zweck gründete Julius Pfungst 1871 die Naxos-Union in Frankfurt/Main, die “Gesellschaft des echten Naxos-Schmirgels”. Naxos-Union war lange die weltweit führende Firma für den Rohstoff Schmirgel. Bei dem Naxos-Gelände im Frankfurter Stadtteil Ostend (unweit des Zoos) handelt es sich um das ehemalige Fabrikgelände. Seit dem Wegzug der Naxos-Union im Jahr 1995 lag das Fabrikgelände brach. Bekannt sei es insbesondere wegen der hier stehenden Naxoshalle, einer denkmalgeschützten Industriehalle, die seit 2000 als Bühne genutzt wird.

Ende der (langen) Mittagspause 13 Uhr. Natürlich brechen wir später auf und fahren mit dem Bus bis zu einem Parkplatz, wo Wanderwege beginnen. Erstes Ziel ist der Kouros von Flerio, eine 4,7 m große Statue (Kouros) aus weißem Naxos-Marmor. Bei den Kouros-Statuen handelt es sich um die Darstellung unbekleideter Jünglinge, die ihre Arme seitlich am Körper angelegt haben. Sie entstanden in der archaischen Zeit des 7./ 6. Jh. v. Chr. Der Kouros bei Flerio blieb unvollendet, liegt auf dem Rücken und im Umriss grob erkennbar. Im Beinbereich ist ein großes Stück Marmor abgebrochen, das locker angefügt ist. Die Füße an der Skulptur fehlen, weshalb vielleicht dieses Artefakt nicht verwendet werden konnte. Direkt daneben verläuft der Weg in ein kleines bäuerliches Blumenparadies mit Bewirtschaftung.

Wir wechseln unsere Richtung und werden nach leichter Wanderung plötzlich überrascht von dem wie ein Solitär in einer kleinen, geschützten Talmulde liegenden Jesuitenkloster. Die Lage ist einzigartig, die Ruine eine Mischung aus lokaler und westlicher Architektur. Neben dem palastartigen zweigeschossigen Hauptgebäude mit Refektorium können wir eine Kapelle, Nebengebäude wie Stallungen und Küchen ausmachen. Eine kleine Quelle unterhalb des Refektoriums habe ich wohl übersehen. Um 1626 (nach anderen Angaben 1672) ließen sich die ersten Mönche des Jesuiten-Ordens auf Naxos nieder. Wahrscheinlich zwischen 1679/1681wurde unter dem Abt von Naxos mit dem Bau dieses palastähnlichen Gebäudes bei Kalamítsia begonnen, das der Erholung der Mönche sowie der landwirtschaftlichen Produktion dienen sollte. Das Kloster existierte bis 1927. In einzelnen Räumen sind Tonnengewölbe gut erhalten. Insgesamt befindet sich alles in schlechtem Zustand. Der terrassierte Garten ist verwildert.

Wir wandern ein Stück zurück, gelangen auf einen Fahrweg und finden nach einiger Zeit den Abgang in ein Dorf mit einem Bachlauf. Ich vergaß, mir den Namen des Ortes zu notieren und vermute, dass es sich um das „grüne Tal von Potamiá“ = eines der schönsten Täler der Insel handelt. Nach kurzer Orientierung führt ein Spazierweg an einem der ganzjährig wasserführenden Bäche/Flüsse von Naxos entlang. Vegetation und Tierwelt – einfach herrlich, ein kleines Paradies! Wir verlassen es und steigen hoch in den Ort. Musik erklingt, ein Fest wird gefeiert. Doch uns erwartet der Bus zur Rückfahrt.

Wieder im Hotel laufe ich erstmals zum Strand, gehe aber nicht ins dort flache Wasser. Adrian entdeckt mich. Die Gruppe sitzt an einer Strandbar. Ich treffe überraschend Siggi, Sabine und Bernd. Wir verabreden uns zum privaten Essen und verbringen einen wirklich schönen und sehr preiswerten Abend in einer nahen Taverne am Meer.

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