08-01 Col de Roux

auf Mont Blava
auf Mont Blava

 

Freitag, 01. August, Grand Dixence – Col des Roux – Cabane de Prafleuri

 Der Col des Roux mit seiner schönen Aussicht auf den Lac des Dix zum Mont Blanc de Cheillon und Pigne de Arolla bietet einen interessanten Aufstieg zur Cabane de Prafleuri.“Soweit der Ankündigungstext für den heutigen 1. August.Es hat uns dann aber doch weit mehr erwartet am heutigen Nationalfeiertag der Schweiz als diese Ansage vermuten lässt.
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Und gleich vorab:Das wird ein ungewöhnlicher Tag mit mehreren Höhepunkten:1. August – Nationalfeiertag. Wusste Adrian, warum er mir heute die Ehre zugedacht hat, den Tourenbericht zu schreiben?Ein Nichtschweizer den Nationalfeiertags-Tourenbericht abzuliefern, welch eine Herausforderung!Die Tagestour heute war das Gegenteil: keine Herausforderung.Deshalb beginnt es zunächst ganz unspektakulär, wenn auch etwas ungewöhnlich, da sich die Gruppe an diesem Tag erst einmal „zusammenfinden“ muss:Der zahlenmässig überwiegende Teil – immerhin 8 Personen – übernachtete direkt unterhalb der grossen Staumauer der Grande Dixence  – allein diese imposante Mauer war ein Höhepunkt (darüber gleich mehr) – im Hotel Le Chargeur – 6 Personen weit unterhalb der Staumauer im Hotel in Pralong – und 4 weitere kamen erst heute gegen 9.30 Uhr per Bahn/Bus aus Basel nach Pralong und komplettierten die Gruppe von jetzt insgesamt 18 Teilnehmern.Der Tag begann sehr sonnig, ein gemeinsamer Start formierte sich aber erst oberhalb der Staumauer der „Barrage de la Grande Dixence“ (2141 m). Von Le Chargeur lief jeder nach Lust und Laune los: Brigitte mit Hans-Peter als erste, der Berichterstatter startete mit zwei weiteren (Albert, Klaus) hinterher hinauf zur Krone der Staumauer. Dann spazierten Anna, Peter und Toni die Serpentinen herauf. Dort war dann der Sammelpunkt, den der Rest der Gruppe aus Pralong per Seilbahn erreichte.Doch zunächst muss ich ein paar (fast unglaubliche) Fakten zur derzeit noch höchsten Staumauer der Talsperre Grande Dixence einfügen.
 image003_r4 An der Basis hat sie eine Dicke von (unglaublichen) 200 Metern, die Kronenlänge beträgt 695 m. Beim Bau wurden über 6 Millionen m³ Beton verbaut, das Gewicht der Mauer liegt bei etwa 15 Millionen Tonnen. Zur Wartung und Kontrolle sind im Inneren der Mauer über 30 km Stollen angelegt. Übrigens kann man das Innere besichtigen, Informations-material gibt´s in der Talstation der Seilbahn.Der Lac des Dix ist etwa 5,3 km lang und durch-schnittlich ca. 600 Meter breit. Der See ist maximal 227 m tief und umfasst je nach Füllhöhe eine Fläche von rund 4 km².Das Fassungsvermögen liegt bei rund 400 Millionen m³. Der Stausee wird durch die Zulaufstollen von über 100 Kilometern Länge und 75 Wasserfassungen mit vier Pumpstationen aus einem Einzugsgebiet von 375 km² mit 35 Gletschern gespeist. Die pro Jahr durchschnittlich gesammelte Wassermenge liegt bei 500 Millionen m³ Wasser, überwiegend im Sommer.
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 Diese Übersicht zeigt das gewaltige Wasser-Einzugsgebiet des Wasserkraftkomplexes der Grand Dixence von Zermatt bis zur Rosablance, das zu zwei Dritteln mit Gletschern (noch) bedeckt ist, d.h. 50 Gletscher von der Mischabel bis zum Mont Gele liefert das Wasser für diese Anlage. 
Es wurde ca. 10 Uhr bis sich die Gruppe zum Abmarsch zusammenfand. Vorgesehen war heute ohnehin nur ein verhältnismässig  kurzes Stück unserer 4-tägigen Wanderung:Von Pralong, bzw. von Le Chargeur aus rechts am gestauten Lac des Dix entlang zum Col des Roux mit Blick auf Mont Blanc de Cheillon/Pigne de Arolla zur Cabane de Prafleuri.Nach wenigen 100 m mussten 2 Tunnel durchquert werden, nach weiteren ca. 30 Minuten geht es rechts hinauf zum Col. Hier war dann bereits die 1. Rast und Trinkpause.
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Und für die Hobbyphotographen gute Gelegenheit, die beeindruckende Vielfalt der Alpenblumen-pracht festzuhalten und natürlich auch die Sicht auf die (wie lange noch) vergletscherten Gipfel.
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Gegen 12.30 Uhr erreichten wir dann bereits den Col (2800 m), wobei sich schon ein Wetterumschwung ankündigte. Hier oben musste man sich schon ein geschütztes, windstilles Plätzchen für die Mittagtsrast suchen.
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Ein paar Unentwegte erreichten nach einer kurzen Gradwanderung den Gipfel, aber andere – so auch ich – zogen doch angesichts drohender Regenwolken den direkten Abstieg zur Hütte vor, die von hier oben bereits gut erkennbar in ca. 30 Minuten zu erreichen ist.
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Es empfing uns bereits Francoise, der heute direttissima die kürzeste Verbindung – nicht über den Col und nicht über den Gipfel – von Hütte zu Hütte gewählt hatte.
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Damit endet die heutige Wanderung und somit der Tourenbericht, aber wie oben erwähnt:Heute ist Schweizer Nationalfeiertag und uns erwartete ein Höhepunkt nach dem anderen.Wer schon alles über diesen Schweizer freien Arbeitstag weiss, der kann die nächste Seite überschlagen, doch es gibt nicht nur für Nichtschweizer sicher einiges Wissenswertes.
 image032  image034  „Durch diese hohle Gasse muss er kommen“
Vor dem Feiern zunächst ein Blick zurück zur Geschichte:Es gibt ihn tatsächlich erst seit 1994 und ist seither auch ein arbeitsfreier Tag und deshalb gute Gelegenheit für Bergwanderungen:Der NationalfeiertagDer Gedenktag geht auf den 1. August 1291 zurück. Damals schlossen sich die drei „Waldstätten“ Uri, Schwyz und Unterwalden zum “Ewigen Bund” zusammen, um sich gegen das Machtstreben der Habsburger zu wappnen. Man sagt: „Wie durch ein Wunder gelingt es den vereinigten Bergbauern 1315ein haushoch überlegenes Ritterheer der Österreicher vernichtend zu schlagen“. Und weitere Triumphe folgen.Aus dem “Ewigen Bund” entstand die Schweizer Eidgenossenschaft. In den folgenden Jahrhunderten kamen weitere Städte wie Morgarten, Luzern, Zürich und Bern dazu.Das Bündnis war zunächst für gegenseitigen Beistand bei einem Angriff von außen eingerichtet worden. Es entwickelte sich mehr und mehr zu einem Verteidigungspakt gegen die Vorherrschaft des Adels, allen voran des Habsburgischen Fürstenhauses. Die Eidgenossen strebten die Unabhängigkeit an. Sie wollten nicht mehr den Landesfürsten, sondern nur dem Kaiser unterstehen.Der Mythos aus den Anfängen der Eidgenossenschaft ist erstmals im 15. Jahrhundert in der Schweiz belegt.Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Gründungsmythos des Rütlischwurs durch einen neuen Gründungsmythos ersetzt. Die Idee, das Jahr 1291 als Gründungsjahr der Eidgenossenschaft und den ersten August als Bundesfeiertag festzulegen, geht auf die Initiative der Berner zurück. In Bern wollte man 1891 das 700-jährige Bestehen der Stadt feiern. Die Verbindung mit einer 600-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft kam da sehr gelegen. Im Bericht, den das Departement des Innern am 21. November 1889 zuhanden des Bundesrates verfasste, ist denn auch tatsächlich eine zweitägige Feier in Bern und nicht etwa in der Innerschweiz vorgesehen. Mit dem Bundesbrief von 1291, der das Verteidigungsabkommen zwischen den drei Urkantonenfesthielt, hatte man jedoch ein Dokument gewählt, das nicht unumstritten war. Namentlich der Bund zu Brunnen von 1315 galt vielen als Gründungsakt der Eidgenossenschaft, wenn man denn nicht überhaupt von einer schrittweisen Entstehung der Eidgenossenschaft ausging. Noch bis ins 20. Jahrhundert hielt man das Datum des Rütlischwurs (8. November 1307) als Gründungjahr der Eidgenossenschaft.Apropos Rütlischwur: im Winter 1803/04 ringt Friedrich Schiller in seiner Weimarer Schreibstube mit einem neuen Bühnenstoff, den ihm sein Freund Goethe von einer Schweizreise mitgebracht hat. Schiller leidet da schon unter starken Schmerzen und Atemnot. Dennoch studiert er unermüdlich alte Chroniken und bittet seinen Verleger, ihm Prospekte von den Alpen zu schicken – Schiller hat die Alpen nie gesehen! Er beginn,t die Sage von „Wilhelm Tell“ in Szene zu setzen: den Rütlischwur, den Apfelschuss und die Ermordung des tyrannischen Landvogts Gessler.Um jeden Funken Freiheitssinn zu ersticken, lässt Gessler auf dem Markt zu Altdorf einen Hut auf einer Stange aufstellen, mit dem Gebot, dass jeder den Hut zu grüßen habe. Bei einer nächtlichen Zusammenkunft auf dem Rütli leisten die Vertreter der Schweizer Kantone einen Schwur und schließen ein Bündnis gegen die Tyrannei und für das Recht auf Freiheit.Dieser Rütli-Schwur vollzieht sich ohne Wilhelm Tell. Der meisterhafte Armbrustschütze wird eher zufällig in das Geschehen einbezogen, denn er hat vergessen, den Hut des Landvogts Geßler zu grüßen. Dieser stellt ihn daraufhin vor die grausame Alternative, einen Apfel vom Kopf seines Sohnes zu schießen und damit dessen Leben zu riskieren, oder selbst zu sterben. Tell greift verzweifelt nach seiner Armbrust, steckt zwei Pfeile zu sich und wagt den Schuss, der ihm auch glückt. Auf Geßlers argwöhnische Frage, was er mit dem zweiten Pfeil beabsichtigt habe, antwortet Tell, dass dieser Pfeil sicher des Vogtes Brust nicht verfehlt hätte, wenn er sein geliebtes Kind getroffen hätte. Tell wird in Haft genommen, doch bei der Fahrt über den See gelingt ihm die Flucht. Nun beschließt er, Geßler zu töten, um dessen verbrecherisches Treiben zu beenden. In der hohlen Gassebei Küssnacht durchbohrt er ihn mit einem Pfeil. Auf dieses Signal hin erheben sich die Eidgenossen, zerstören die Zwingburgen und verkünden ihre Freiheit.Schillers Verarbeitung des Schweizer Mythos wird ein grandioser Erfolg und erweckt Tell zum Nationalhelden – doch einen „Wilhelm Tell“, den hat es vermutlich nie gegeben.
Und wie haben wir den Tag auf der Prafleurihütte erlebt?
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 OLYMPUS DIGITAL CAMERA Die Hüttenwirtin überraschte ihre Gäste mit einem Festtags-progamm:Sobald der Regen aufgehört hatte, lockten uns ungwohnte Klänge ins Freie.Es war noch hell – oder noch nicht ganz dunkel, jedenfall zeigte uns ein Alphornbläser, dass man aus diesem Instrument vom Volkslied, von italienischen Arien, Beethoven bis zur Nationalhymne alles herausblasen kann. Dem Kerl hat man seine Begeisterung angesehen und seine Professionalität bestaunt.Das Ganze wurde mit einem Glässchen guten Walliser Weins „begossen“ – und allen war die Neugier anzusehen: als Nachtessen war zu lesen:welch eine Überraschung in einer Berghütte auf 2662 m. Jedenfalls sollte man sie sich für weitere Exkursionen gut merken ….Cabane de Prafleur. Und weil es die Witterung gut mit uns meinte, konnten wir zum Ausklang ein Feuerwerk am Nachthimmel bewundern.Dank an Klaus, der mir seine Photos zu diesem Bericht zur Verfügung gestellt hat undDank an Adrian für die wieder einmal gelungene Planung und Organisation dieser Tour.  Peter M.
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