05-30 Portes

30. Mai, Kentroma – Verlassene DörferPortes

Nach dem schönen Ruhetag in Kalami Beach, mit nur kurzer Wanderung den Badebuchten entlang, galt es heute wieder ernst. Die letzte grosse Wanderung mit rund sechs Stunden aktueller Wanderzeit stand an, mit erst noch geschätzten etwa 600 Höhenmetern. Nach Buch wäre die Etappe sogar acht Stunden und 800 Höhenmeter, aber wir kürzten vorne und hinten je eine Stunde, was uns am Anfang einen Aufstieg ersparte.

Erstaunlich und ein Plus für Adrian: nach dem anstrengenden vorletzten Tag, wo alle so abgeschlagen heimkehrten, fanden sich nun doch wieder 19 von uns zum letzten ‘Härtetest’ ein. Der Bus brachte uns in kurzer Fahrt nach Kentroma. Da die Küstenstrasse dort recht hoch verläuft, ersparte uns dies einen ersten Aufstieg welche uns die ausgelassene erste Wanderstunde gebracht hätte. Unser Aufstieg zum Bergdorf Porta verlief einmal mehr durch schöne Olivenhaine und lichte Wälder, und wir gewannen die erste Höhe bei angeregten Gesprächen recht mühelos. In Porta war es nach noch nicht einmal einer Stunde Aufstieg etwas früh für eine Einkehr, deshalb rasteten wir dort nur zu einer Verschnaufpause.

Es war Pfingstsonntag, und als wir an der kleinen griechisch orthodoxen Kirche am Ende des Dorfes vorbeikamen, erschall schöner Chorgesang via Lautsprecher aus dem Inneren der Kirche. Durch das offene Kirchenportal konnten wir die Messe beobachten und etwas Weniges von der feierlichen Stimmung erahnen. Aber weiter ging es für uns aufwärts durch dichten grünen Wald auf schönem Pfad nach Santa, wo wir aber schon beim ersten Haus vor dem Dorfeingang auf eine nach Buch “ruhige” Asphaltstrasse Richtung Mengoulas nach links abbogen.

Göttervater Zeus jedoch hegte einen Groll gegen uns Fremd­linge: unvermittelt liess er Gewitterwolken aufziehen, schleuderte ohne Vorwarnung einen furchter­regenden Blitz in grosse Nähe zu uns und schwang dabei gewaltig seinen Donnerkeil. Dies jagte uns einen grossen Schrecken ein: einige vollführten fast einen Salto. Zeus sandte zur Untermauerung seines Grolls in kurzer Folge noch etwa drei bis vier weitere Blitze mit entsprechendem Getöse gegen uns, und so waren wir alle bestrebt so rasch wie nur möglich das nahe und heute fast verlassene Dorf Mengoulas zu erreichen, wo wir etwas angstvoll in einem alten Turmgemäuer Schutz suchten. Glücklicherweise lenkten Zeus aber bald dringendere Geschäfte ab, wahrscheinlich Frauen, und so liess er uns bald wieder zufrieden, das Gewitter verzog sich wieder so rasch wie es gekommen war, und wir konnten weiterziehen.

Der weitere Aufstieg durch blühende Ginsterfelder auf nicht sehr steilem Strässchen wurde durch schöne Ausblicke in die Tiefe und auf das Meer verschönt. Wir genossen die Aussicht, die Ruhe und das Blumenmeer.In etwa 1 ½ Stunden erreichten wir den High Col. Diesen hatten wir schon vor zwei Tagen auf unserer damaligen langen Tour überquert. Ich realisierte, dass man sich damals den langen Wiederaufstieg an der heissen Nachmittagssonne hätte ersparen können, wenn wir damals unseren sanft ansteigenden Weg anstatt den Weg nach Old Sinies als Abstieg gewählt hätten und dass wir weiter unten ohne nennenswerte Gegensteigung in kuzem Wegstück den zweiten Sattel der damaligen Tour leicht hätten erreichen können. Aber das wäre nicht nach Buch gewesen und wir hätten das Ruinendorf Old Sinies so nicht gesehen und durchwandert! Der Kulminationspunkt des heutigen Tages war mit dem High Col erreicht und wir wanderten nach einer Essensrast aus dem Rucksack ein kurzes Stück auf bequemer Strasse bergab.

Jetzt aber wurde es wieder ernst. Ein Steinhäufchen am Wegrand zeigte den Einstieg zu einem Pfad, den man kaum erkennen konnte. Auch im Buch stand, der Pfad sei schwierig zu erkennen. Durch dichtes Farngestrüpp suchten wir den kaum sichtbaren Pfad, einigen nützlichen Anweisungen im Buch wie “Baum ansteuern” (welchen?), “kleines Ruinengemäuer rechts”, “Steingemäuer entlangehen” (welchem?), “Gully linke Seite” (welches Gully?) nachfolgend. Pfadfindertum war im dichten Gestrüpp gefragt. Ein Schuh blieb in einer Steinspalte hängen und ging fast verloren. Schliesslich wurde der Weg aber doch wieder klarer und wir kamen, auf der linken Seite eines Gully absteigend, auf ein Strässchen hinunter.

Old Perithia, heute nahezu verlassen, war nah. Die nicht mehr genutzte Kirche wie auch andere verfallende einst stattliche Häuser erzeugten beim Durchwandern ein leicht beklemmendes Gefühl. Aber halt, es gab auch ein kleines Baugerüst: kehren einige Talbewohner wieder zurück in das Bergdorf, wenn vielleicht auch nur zum Wochenendaufenthalt?

Eine wie mir schien Fata Morgana weckte mich aus der etwas schwermütigen Träumerei auf. War dort geradeaus vorn oben nicht eine Restaurant-Terrasse?? Wie sich herausstellte, gab es sogar zwei Restaurants!! Um nicht einen der beiden Wirte zu enttäuschen, teilten wir uns auf die beiden heimeligen und typisch lokalen Tavernen auf. In meiner Gruppe schmeckten einheimische Bratwürste mit einem Glas Bier herrlich. Brigitte liess sich zu einem besonderen Schlemmermahl hinreissen!

Wir merkten überhaupt nicht, dass während dem ganz nahe von uns ein Gewitter mit Hagel vorbei-zog, denn wo wir waren, regnete es kaum. Nach einer Stunde zogen wir wieder weiter. Ein Stück breiten Weges, der in ein Tälchen führte und dann endete, führte uns auf einen schmalen, aber gut befolgbaren Pfad. Jetzt erst sahen wir, dass Hagel am Boden lag! Und schon ging es durch klatschnasses und dichtes Farngestrüpp. Unsere Schuhe waren im Nu durchnässt, auch eventuelle lange Hosen. Bald aber weitete sich der Weg und näherte sich in kleinem Zickzack dem Talgrund. Es ging jetzt auf gutem Weg durch herrlich grünen dichten Wald. Nach gut eineinhalb Stunden erreichten wir Krinias – kein Restaurant – und bald darauf nach kurzem Ab- und Aufstieg Portes.

In einem schönen Eichenhain machten wir noch eine letzte Rast bevor wir in einer weiteren knappen Stunde bei schöner Wanderung durch weitere Olivenhaine, ehemalige Mandel­baum-Anpflanzungen und Eichen­wäldern die Hauptstrasse bei Almiros, nahe zur Küste, erreichten, wo uns pünktlich um halb fünf der Bus abholte um uns über die schöne Küstenstrasse via nördlichster Punkt von Korfu wieder heimzuführen. Wir waren alle glücklich und zufrieden über den schönen Tag!

René

Apero bei unserem Pool am vorletzten Abend

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