05-05 Recommone

5. Mai 2006, Küstenwanderung nach Recommone

Heute morgen setzte sich Adrian zu uns an den Frühstückstisch, was den Verdacht aufkommen liess, dass er auf der Suche nach einem Opfer für den heutigen Tagesbericht war. Schliesslich wurde mir die Last aufgebürdet, die Geschehnisse des heuten Tages schriftlich festzuhalten.
image001_r35Das Frühstück war für heute um eine halbe Stunde vorverlegt worden, um bei Zeiten loswandern zu können. Mit Ausnahme der Invaliden (deren Zahl sich im Laufe des Tages noch erhöhen sollte), der Individualisten und der Vorsichtigen fanden sich um halb 9 Uhr alle vor dem Hotel ein, um die Wanderung der Küste entlang in Angriff zu nehmen. Sie war im Rother Wanderführer als schwarze Wanderung aufgeführt, was auf einen erhöhten Schwierigkeitsgrad hin deutete .
Die Wanderung begann ganz harmlos. Wir folgten der Strasse in südlicher Richtung und verloren zunehmend an Höhe. Die befestigte Strasse wich einem Pfad und bog irgendwann rechts ab. In gut 200 m über Meer führte unser Pfad auf gleich bleibender Höhe der Küste entlang. Der steile Abhang zu unserer Linken war mit Wolfsmilchgewächsen, Ginster, Cistrosen, manns-hohen Grasbüscheln, Steckenkraut und anderen Macchia-artigen Sträuchern überwachsen.

image003_r35image005_r35Zweimal kamen wir von unserem markierten Pfad ab und mussten ein kurzes Stück umkehren. Dafür sahen wir im Halbschatten eines Olivenhaines lauter wilde Gladiolen blühen. Stunden Marsch legten wir einen Halt ein. Unser Ziel, der Strand und das Restaurant von Recommone, waren nun nicht mehr allzu weit entfernt. Die Wanderung hatte sich bisher als recht einfach erwiesen. Der Pfad war zwar schmal und ab und zu von Grasbüscheln bedeckt, die Stolpersteine unter sich verbargen. Ansonsten waren wir von Kletterpartien oder schwierigen Passagen verschont geblieben. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
OLYMPUS DIGITAL CAMERADCF 1.0Nach ca. 1 ½

Als wir unseren Weg fortsetzten, fing das Gestrüpp auch schon an dichter, höher und ruppiger zu werden. Der Ginster war wider Erwarten weich und stachellos und stellte kein Problem dar. Die Mastixsträucher waren da schon starrer und kratziger. Am meisten musste man sich vor den Disteln in Acht nehmen, die einem schonungslos die Schienbeine und Knie zerkratzten (sofern man kurze Hosen trug).
Nach diesem unangenehmen Abschnitt folgte der schwierige Teil, die sogenannte Schlüsselstelle. Es war dies der steile Abstieg zum 200 m tiefer gelegenen Strand. Unter Zuhilfenahme von Stöcken, Händen und Hinterteilen arbeitete sich die Kolonne Menschen hinunter, über felsige Stufen und sandige, rutschige Stellen. Es war an einer solchen Stelle, an der Marie-Louise ausrutschte und sich den Knöchel verstauchte. Franz lotste sie anschliessend den restlichen Abhang hinunter.
image011_r35dsc_0661_1_r35Um halb 12 Uhr waren wir alle am Strand bei Recommone angelangt, einiges früher als Adrian geplant hatte. Das hatte den Vorteil, dass man noch vor dem Mittagessen ein erfrischendes(!) Bad im Meer nehmen konnte. Nur ein Teil der Gruppe nahm diese Gelegenheit wahr. Andere gaben dem Bier Priorität. René bezahlte das Bad im Meer damit, dass er von einer Qualle am Fuss genesselt wurde (was ihn allerdings nicht zum Invaliden degradierte).
Das Mittagessen hatte Adrian im nahe gelegenen Fisch-Restaurant reserviert.
image013_r35img_1842_1_r35Die paar Nasen, die nicht an der Wanderung teilgenommen hatten, waren inzwischen auch zur Gruppe gestossen, und wir waren beim Mittagessen vollzählig.
Als erste Vorspeise gab es Nudeln mit Meeresfrüchten (hauptsächlich Muscheln), danach Risotto mit Crevetten. Darauf folgte Fisch und Salat als Hauptspeise. Der Fisch (mehrere Doraden) war in einer Salzkruste zubereitet und im Ofen gegart worden. Die Salzkruste wurde mit einem Holzhammer aufgeschlagen und die Dorade vom Personal fachmännisch zerlegt und serviert. Ein Café rundete das Menu schliesslich noch ab.
image015_r35dsc_0667_1_r35Gegen 3 Uhr löste sich die Mittagsrunde langsam auf. Ein Teil der Leute gab sich einem halbpatzigen Sonnenbad hin (die Sonne war hinter Wolken verschwunden, die zuvor beim Essen für einen leichten Regenschauer gesorgt hatten). Die Invalidengruppe (Freddy und Begleitung), zu der nun auch Marie-Louise gehörte, deren Zustand sich inzwischen arg verschlechtert hatte, wurde mit dem Auto in den nächsten Ort (Marina del Cantone) gefahren. Andere (darunter auch ich) machten sich zu Fuss auf nach Marina del Cantone und weiter nach Nerano und zum Teil bis nach Termini.
OLYMPUS DIGITAL CAMERAOLYMPUS DIGITAL CAMERADer Zufall wollte es, dass ein grosser Teil der Gruppe sich im gleichen Bus nach S. Agata wieder zusammenfand. Von Marina del Cantone bis Termini stiegen an jeder Haltestelle wieder ein paar von unseren Leuten ein.
Als der Bus in S. Agata einfuhr, ergoss sich gerade ein heftiger Wolkenbruch über den Ort. Wer konnte, flüchtete sich so schnell wie möglich unter ein schützendes Dach. Purgi und Christine stellten sich dem Regen und begleiteten Marie-Louise, die den verstauchten Fuss kaum mehr belasten konnte, ins Hotel.
Den Abend verbrachte jeder auf seine Weise. Adrian hatte das Vergnügen, ein paar Stunden am Internet zu verbringen, um den Heimflug für Marie-Louise umzubuchen, die nun auf ihren Neapel-Aufenthalt verzichten musste. Somit neigte sich ein weiterer Tag dem Ende zu. Silvana

Hiking in Switzerland and around the world