04-18 Pissouri

Mittwoch, 18.April,  Hoch über dem Aphroditefelsen nach Pissouri

An diesem Morgen erlebten wir beim Hotel Cynthiana eine eigenartige Wetterstimmung. Als wir uns nach dem recht früh eingenommenen Frühstück beim Bus versammelten blies ein eigentümlich warmer starker Wind und die Sicht war gleichzeitig leicht diesig.  Unsere Reiseleiterin Ismini erklärte uns, dass dieser Wind aus der Sahara komme und Sahara Staub mit sich führe, was auf Cypern immer wieder gelegentlich vorkomme. Leicht wehmütig nahmen wir von unserem so schön gelegenen Hotel mit den Panoramafenster- Zimmern, direkt am Meer gelegen, Abschied; einzig das etwas an eine Kantine erinnernde Essen im dortigen grossen Speisesaal war über die Note ‘genügend’ nicht hinausgekommen.
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Unter interessanten Erklärungen von Ismini ging es per Bus via Innenstadt von Pafos Richtung Limassol. Unser Chauffeur wählte diesmal jedoch nicht wie am Ankunftstag die Autobahn, sondern die  gemächlichere und von der Aussicht her interessantere Küstenstrasse.  Rund eine Stunde dauerte die Fahrt bevor wir, noch ein gutes Stück vor Limassol, zum Aphroditefelsen kamen. Auf dem Parkplatz gab es einen kurzen Fotohalt. Ismini erklärte uns Interessantes über den Ort: nach der griechischen Sage wurde Aphrodite, die griechische Göttin der Schönheit, an dieser Stelle aus dem Schaum des Meeres geboren und stieg dann dort ans Ufer. Deren Stammbaum ist nicht ganz geklärt, entweder nach älterer Version aus dem ins Meer gefallenen Samen des Götter-Urvaters Uranos oder, nach Homer, als Tochter einer Affäre des Göttervaters Zeus mit der Dione.  Ismini erklärte uns, dass unweit von diesem Felsen im Meer draussen die drei Kontinentalplatten – die europäische  und asiatische (= eurasische) sowie die afrikanische – aufeinandertreffen würden.  Hier sei also der geologische Schnittpunkt von Afrika, Asien und Europa! Auch die Insel Zypern sei durch die Unterschiebung der afrikanischen Platte unter die eurasische,  ähnlich wie Aphrodite,  in Jahrmillionen allerdings ‘aus dem Meer geboren’ worden; Aphrodite sei deshalb in gewissem Sinn auch eine Personifikation der Insel Zypern. Die Geologen hätten weiter erkannt, dass der Aphroditefelsen vor der Küste geologisch gar nicht zu Zypern gehöre, sondern im Laufe der Jahrmillionen von Ägypten her mit der afrikanischen Platte herangeschoben worden sei, also in Wirklichkeit ein ägyptischer Fels sei! Instinktiv mussten schon die alten Griechen die Bedeutung dieses für sie damals magischen Ortes erahnt haben. Der Wind war beim Aphroditefelsen sehr unangenehm stark geworden, und die Lust auf eine exponierte Klippenwanderung schwand. Ismini beschloss einen alternativen Ausgangsort zu einer verkürzten Wanderung  zu wählen, wobei man unterwegs auf die ursprünglich geplante Langwanderung stossen würde und dann immer noch auf diese einschwenken könne.
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Vom Aphroditefelsen aus fuhren wir deshalb mit dem Bus nicht weit in die Nähe der nächsten Bucht, von welchem Ausstiegsort aus es nur ein kurzer Weg zur einsamen Bucht hinunter war. Blendend weisse Sandkalkfelsen empfingen uns beidseitig der kleinen Bucht, und der Strand bestand aus sehr speziell aussehenden rundgeschliffenen weissen Geröllsteinen. Einen solchen gut in der Hand liegenden ‘Aphroditestein’ hob ich auf und brachte ihn nach Hause. Erst nachträglich las ich im Internet, dass am Aphroditestrand aufgelesene Steine Glück bringen sollen! Da habe ich ja wohl richtig gehandelt!
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Küstenwanderungen auf Inseln sind oft alles andere als flach, und so war es auch hier. Es folgte zuerst einmal ein gut dreiviertelstündiger recht steiler Anstieg (in allgemeiner Richtung Limassol) auf eine hohe Klippe hinauf, mit vielen seltenen Blumen unterwegs als Ablenkung für die Mühe.  Dann wurde es wieder ebener und wir erreichten nach einiger Zeit eine flache Vertiefung mit einem kleinen Olivenhain darin. Die Aussicht von dort auf das Meer hinunter und über die felsige Küste war wunderbar.  Auch der Wind hatte nachgelassen! Eine Lust bei der dortigen Verschnaufpause die vielen Kräuter um uns herum zu bestaunen. Kaum ein Haus zu sehen, nur in der Ferne die Schnellstrasse und ansonsten zerklüftete ursprüngliche  Küstenlandschaft.
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Nach einem steilen Abstieg und anschliessendem Gegenaufstieg passierten wir eine zypriotische Horchstation. Solche Horchstationen, vor allem auf den Nahen Osten gerichtet, gibt es mehrere auf der Insel: englische, griechisch-zypriotische, türkisch-zypriotische und türkische.  Noch eine gute Weile wanderten wir weiter auf der Höhe bevor wir die Weggabelung zum ursprünglich geplanten Weg erreichten.  Da der Wind sich wie erwähnt gelegt hatte, beschloss der Grossteil von uns mit Ismini in den Langweg einzuschwenken, während die weniger Wandergeübten unter guter Weganleitung von Ismini sich auf den wesentlich kürzeren Weg zum im nächsten Dorf wartenden Bus aufmachten  –  es wandert  sich übrigens auch nicht gut, wenn man linke und rechte Einlagesohlen vertauscht…Es lohnte sich absolut auf die Langwanderung einzuschwenken! Auf einer durch Regen erodierten und dadurch nicht mehr befahrbaren Naturstrasse ging es zuerst ziemlich steil durch einen Taleinschnitt zum Meer hinunter. Von der dortigen stillen Bucht aus, wie könnte es anders sein, ging es wieder steil hinauf auf die Gegenhöhe und dann weiter durch urtümliche  Landschaft  auf teilweise exponiertem Weg, hinauf und hinunter. Fast stets mit phantastischen Blicken auf das tiefblaue Meer. Wieder in einer kleinen einsamen Bucht angekommen war es schliesslich nicht mehr weit, diesmal unten der Steilküste entlang, zum Columbia Pissouri Beach Hotel, einem exklusiven Fünfsternhotel ziemlich einsam in einer kleinen Bucht gelegen.
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Dort erwartete uns unser Bus wieder, welcher uns zur nicht sehr weit entfernten Curium Beach, schon in der Nähe von Limassol, fuhr.  Im dortigen Sunshine Restaurant, direkt am schönen Sandstrand gelegen, wurde jedem von uns, es war schon gegen 14 Uhr,  eine grosse Portion sehr gut schmeckendes mit Fladenbrot umhülltes Souvlaki (eine Art Fleischspiess) serviert.  Nachteil: wir hatten am Abend kaum mehr Hunger!

Bis dahin hatte sich das Wetter erstaunlich gut gehalten, es blieb trocken und der Wind hatte ja auch nachgelassen.  Nun aber, noch während wir im Restaurant sassen, kam der Wetterumschwung und es wurde deutlich kühler. Und wir hatten noch die Fahrt von Meereshöhe aus zum 1700 m höher gelegenen Hotel Trodóos  vor uns.

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Etwas nach 15 Uhr sassen wir also wieder im Bus, wo es zuerst noch weiter der Küste entlang nach dem nahen Limassol ging. Unterwegs fuhren wir, vor Limassol noch, der dortigen grossen englischen Militärbasis entlang. Das ganze grosse militärische Sperrgebiet ist mit hohem Stacheldrahtzaun abgesichert, auch die Wohnhäuser der Offiziersfamilien entlang der Strasse stehen unmittelbar hinter hohem Stacheldraht, sogar die Schule, und es gab nur wenige bewachte Eingänge. Ich dachte, das muss ein gewöhnungsbedürftiges Wohnen dort sein!Ismini, welche in einem oberen Stadtteil von Limassol wohnt, verabschiedete sich an einer Kreuzung in Limassol für die Nacht von uns. Zuerst nur gemächlich ansteigend ging es nun von Limassol aus nach Norden Richtung Landesinnere und dem Trodóos Gebirge entgegen. Bald wurde die Gegend gebirgiger und wir fuhren, nach Ismini ein seltenes Ereignis und nur dem guten Regen vom vergangenen Winter zu verdanken, an einem prallvoll gefüllten grossen Stausee vorbei. Weiter an Bergdörfern vorbei wurde die Gegend immer alpiner und die Laubwälder machten zypriotischen Zypressen und Föhren Platz.  Unser Ziel, das Berghotel Trodóos,  liegt gemäss Prospekt auf genau 1725 m ü. M. und auf einer Krete, unweit des nur 200 m höheren Gipfels des Olymp, dem höchsten Berg der Insel. Welch ein Temperaturschock beim Aussteigen! Wir waren im letzten Abschnitt in die Nebelzone geraten, ein kalter Wind blies uns beim Aussteigen kräftig um die Ohren,  es gab noch Schneereste vom letzten Winter und die gefühlte Temperatur lag nur wenig über 0° C.  Wir mit unserer noch leichten Wanderkleidung strebten nach Erhalt der Koffer so schnell wie möglich in das schützende Hotel hinein. Die Zimmer waren glücklicherweise geheizt, und auch ein wärmendes Kaminfeuer brannte im Aufenthaltssaal.  Das servierte Nachtessen war vorzüglich. Schade nur, dass nach dem reichhaltigen späten Souvlaki im Sunshine Restaurant unten an der Beach nun niemand mehr so recht Hunger hatte.Die ganze Nacht über heulte der Wind draussen und der Regen peitschte immer wieder neu um das Berghotel. “Morgen bringt mich keiner hinaus auf die Wanderung” dachte ich. Aber morgen war morgen, das Wetter besserte sich erstaunlich rasch wieder – aber das war ein neuer Tag und eine neue Geschichte!René
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