05-09 Los Tilos

9.Mai, Los Tilos – der Märchenwald:dichter urwaldartiger Lorbeerwald (Nebelwald)

Breits beim Erwachen eine gewisse Unsicherheit: Morgenrot? Wetterumschlag? Es kommen in mir gewisse Bedenken auf, doch etwa Regen auf dieser Sonneninsel?

Nach kräftigem Frühstück und gepackter „mochilla“ (Rucksack) verlassen 17 Personen um 09h das Hotel La Romantica (600m) und steigen strammen Schrittes zu Fuss zur Laguna de Barlovento (730m) auf, das grosse Trinkwasserreservoir im Norden. Das angrenzende weitläufige Freizeitgelände beherbergt auch ein Restaurant, das für den nächsten Abend unser Treffpunkt zum gemeinsamen Nachtessen hätte sein sollen. Adrian bleibt erfolglos, denn – so scheint es – die Anlage ist noch geschlossen.

Alsbald zeigt die Wegmarkierung den Einstieg in den so genannten Märchenwald. Hier treffen wir auf eine in Blüte stehende kleine Apfelplantage; auch sind an kleinen gerodeten Plätzen Kartoffeln angebaut. Der Himmel bleibt bedeckt. Die hohe Luftfeuchtigkeit macht sich beim steten Ansteigen durch leichtes Schwitzen bemerkbar; für diesen Naturpark = Wildnis natürlich das perfekte Klima. Kräftig violett blühende Riesentaginasten (nur auf La Palma heimisch), deren Blütenstände eine Höhe von fünf Metern erreichen können, sind damit die höchste kanarische Natternkopfart und ein ideales Photosujet, natürlich mit Adrian als Beigabe.

Unser Weg ist unbeschwert und genüsslich, vorbei an Riesenfarn und Kakteen, mächtigen Brombeerstauden und Wildpflanzen mit Hängegirlanden, am Wegrand Pfefferminze und Vergissmeinnicht. Auf ca. 816m und um 11.25h halten wir kurz inne für einen Trinkhalt. Die Witterung ist kühl und in der Höhe neblig, und unser Guide Adrian macht mich darauf aufmerksam, dass es ihn eher fröstle und bald weiter marschieren möchte. Damit sind alle einverstanden. Wir steigen weiter auf einem schmalen gestuften Weg durch den Buschwald hinauf. Irgendwo stinkt es jämmerlich nach Verwesung: Was ist es wohl? – Ich muss meine Gedanken wieder der Natur zuwenden und das Marschtempo einhalten. Wir sind im herrlichen Lorbeerwald auf einem Weg, der in stetem Auf und Ab durch den Hang führt. Wir treffen bei der Galería Meleno, ein 4,5km Wasserstollen, auf einen lichten Waldplatz überraschenden Vorkommnissen: weisse Calla und Oleander. Jetzt geht es steil bergab. Der Abgrund ist durch ein Holzgeländer bestens abgesichert und der Pfad führt unter stattlichen Bäumen hinein in den „Barranco de la Herradura“. Über schmale Pfade, Wander- und Forstwege erreichen wir alsbald unser „Mirador de la Barandas“, 700m, „la riserva de la biosfera de los tilos“ mit prachtvollem, wenn auch nicht ganz freien Blick auf den Barranco del Agua (Wanderung von letztem Samstag) und auf die Orte Los Sauces und das Küstenziel San Andrés.

Hier oben gibt es Bänke mit Unterstand und einer Wasserquelle. Diese Vorteile geniesst auch ein einsamer Zeltgenosse. Wir halten Mittagsrast und geniessen die Rundsicht, letztere wenn auch etwas getrübt durch die ersten zaghaft fallenden, aber einzigen Regentropfen. Noch weitere Touristen haben dieses Tagesziel erreicht, so dass wir um 13.00h (nachdem sich Adrian von den Führerstrapazen in einem viertelstündigen Mittagsschlaf auf harter Holzbank erholt hat) in Richtung Los Sauces aufbrechen, erst auf einer Knie schonenden Forststrasse und dann auf einem steilen Pflasterweg zum Mirador de Llano Clara (Wasserstelle). Jetzt beginnt der steile Abstieg auf Asphalt ins hübsche, blumengeschmückte „Bananenstädtchen“ Los Sauces, vorbei am Ortsmuseum „Gofío“, der speziellen Getreidemühle. Ältere Einwohner sind auf die Horte Wanderer neugierig geworden, ja ein älteres Mütterlein zeigt uns mit Stolz ihre Orchideenpracht im Hauseingang. Ankunft in Los Sauces um 14.30h. – Jetzt drückt die Sonne und der grosse Durst wird im Zentrum sofort gestillt. Der Kirchplatz ist mit verschiedenen Blumen und Sträuchern sehr schmuckvoll gestaltet, u.a. bestaunen wir die blaue Blütenpracht eines Jacarandabaumes. – 15.20h Aufbruch nach San Andrés.

Jetzt kein Frösteln mehr, sondern nur noch Schweissperlen. Der Abgang auf der Betonstrasse ist sehr steil und führt an unzähligen Bananengärten vorbei. Das Stadium der Bananenstaude „Blüte und Früchte gleichzeitig tragen“ interessiert uns. Vreni G. entdeckt sogar eine tote Mönchsgrasmücke, die ihre Ruhe in einem Bananen-Blattansatz findet. Die Bewässerung der Bananenhaine ist perfekt. Die Bananen sind das bedeutendste Wirtschaftsgut der Insel. Die Plantagen der wasserintensiven und vom Staat wie von der EU subventionierten Kulturpflanzen bedecken weite Teile der Küstenregionen bis in eine Höhe von etwa 300 m. – In San Andrés stossen wir auf den Rest der Gruppe.

Nun sind wir aber neugierig auf das versprochene Meerbad in ungewöhnlicher Umgebung. Die Badegelegenheiten von Charco Azul sind einzigartig. Die Meeresschwimmbecken sind teils von der Natur belassene Wasserbecken, die von Flut und Ebbe versorgt werden, oder eine mit Manneskraft nachgeholfene Anlage mit rauschendem Wasserfall zwecks Meerwasserzufuhr. Das kühle Nass sorgt jetzt für viel Spass und Abkühlung. Von der Cafeterrasse schweift der Blick über die gepflegte Badeanlage, auf herrliche Felskombinationen und über ein stilles, offenes Meer.

18.00h Aufbruch zum Nachtessen in Puerto Espíndola, im „Meson del Mar“. Wir sind etwas vorzeitig da, so dass wir auf der Veranda sitzend Zeuge werden von einem grossen Tierspektakel. Nicht etwa „Hund gegen Katze“, sondern „Hund gegen Hahn und Huhn“, eine echte Verfolgungsjagd. Der Vierbeiner konnte einfach nicht vom Hahn ablassen, der sich zum Gaudi aller mit letzten Kräften auf einen Baum rettete. – Das Fischessen in der guten Stube im 1. Stock schmeckt: erst Fisch- oder Kürbiscrèmesuppe, Dorada (Fisch) und zum Dessert Ananasflan oder „Benesabe“, ein Mandelpurée.

Die Stimmung ist gut, und gegen 21h bestellt Adrian div. Taxis für die zwanzigminütige Heimfahrt ins Hotel. Unser 12. Ferientag war mit viel Interessantem gespickt. Danke Adrian.

Martha

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