05 20 Spoa

20.Mai, Lastos Alm Spoa,von der Südseite zur Nordseite

Der Bus bringt uns zum Endpunkt des Vortages zur Lastos Alm auf 720 m. Wir fahren über eine erst 1986 gebaute, sehr ausgesetzte Strasse mit zahlreichen Nadelkehren und atemberaubenden Ausblicken. Das Wetter ist an diesem Tag bedeckt, die Wolken hängen tief, der Wind pfeift über die Hochebene und das Meer in der Ferne glitzert silbern anstatt wie gewohnt türkisblau. Die Hänge sind übersät mit gelben Ginstertuffs. Feigen-, Orangen-, Zitronen- und Mandelbäume ziehen an uns vorbei. Grellweisse Kapellen zieren Mulden und Anhöhen. In der Nähe lassen sich Mispeln, Geranien, Zistrosen, Immortellen ausmachen. Manchmal kann man bis nach Kreta blicken, wo sich die Wolken kräuseln.

Bevor wir von der Taverna Kali Limni auf der Lastos Alm loswandern machen wir noch ein Foto von der gesamten Wandergruppe. Vor uns türmen sich eindrucksvolle Wolkengebilde auf, die Windböen blasen uns kräftig um die Nase. Am Wegrand zeigt uns ein roter Wegweiser die Richtung nach Spoa an mit einer Zeitangabe, die wohl eher für Einheimische zutrifft, die diese halsbrecherischen Pfade seit Kindesbeinen an bewältigen. Wir wandern zunächst leicht bergan, vorbei an in Windrichtung geneigten Pinien durch eine wunderschöne, alpin anmutende mit gewaltigen Steinformationen übersäten Landschaft in den wilden Inselnorden. Auch die Wege sind mit grossen, unregelmässig aufgeschichteten Steinen gepflastert, so dass man auf jeden Schritt achten muss. Immer die Füsse schön korrekt platzieren, nicht in der Gegend Herumbalancieren und nicht beim Gehen das in der Ferne aufblitzende Meer bestaunen, wo sich Wolkenformationen und Meeresgestade mischen. Will man die Blicke schweifen lassen, bleibt man besser stehen und geniesst mit allen Sinnen. Der Duft der Pinien, Zistrosen, Immortellen und Wicken steigt in die Nase, während wir eine kleine Rast inmitten der Steine im einem Pinienrondell machen.

Der Abstieg nach Spoa verlangt äusserste Konzentration und Ausdauer, was aber für unsere geübten Wanderer kein grosses Problem zu sein scheint. Trotzdem brauchen wir wohl etwas länger als angenommen. An der Strasse wartet auf uns der Linienbus schon eine ganze Weile. Die Minen der Fahrgäste lassen erkennen, dass unsere Verspätung nicht so begeistert aufgenommen wird, denn sie warten geduldig mit ihren Einkäufen auf die Rückkehr nach Olympos. Einige Frauen am Wegesrand sind in ihrer Tracht zu bestaunen. Sie bringen Lebensmittel und Hausrat von einem grösseren Ort mit Einkaufsmöglichkeit. Nachdem sich Christina im Bus für die Verspätung entschuldigt hat, klettert er die Zusatzschleife nach Olympos hinauf. Wir sehen das weisse, terrassenförmig angelegte Dorf bei jeder Kurve in der Sonne aufblitzen und freuen uns schon darauf, es zu einem späteren Zeitpunkt besichtigen zu dürfen.

Nach dem kleinen Umweg gelangen wir über die atemberaubend angelegte Strasse nach Diafani, wo unser Gepäck vom Bus in das kleinere Auto des Hotelbesitzers der Glaros Hotel Apartments, unserem Aufenthaltsort für die nächste Woche, verladen wird. Wir sind in einer hübschen, kleinen Bucht am Meer mit tiefblauem Wasser gelandet. Auf einem Ufergemäuer blickt eine blau gekleidete Diafanerin träumend in die Weiten des Meeres. Nach dieser anstrengenden Wanderung steht mir der Sinn nur noch nach einer mit einem kühlen Bier und ein paar Oliven versüsster Pause. Im Hafen unterhalb der Hotelanlage befinden sich eine Reihe von Tavernen, von denen ein Teil von uns eine aufsuchen, um uns an dem erfrischenden Nass zu laben. Der andere Teil nimmt gleich die vielen Treppen zur Reception in Angriff, um sicher zu sein, ein schönes Zimmer zu ergattern. Aber auch die zuletzt Ankommenden werden auch gut bedient.

Die Zimmer sind jeweils über zig Stufen zu erreichen und jeder Aufstieg erfordert nochmals eine letzte Anstrengung. Doch verzaubert wird das Ganze durch ein duftendes Blumenmeer. Vor den meisten Apartments befinden sich kleine Terrassen mit blau gestrichenem Tisch und Stühlen. Ich habe einen seitlichen phantastischen Ausblick aufs Meer und die Küstenbesiedlung, ein orangefarben blühender Granatapfelbaum spendet Schatten.

Um 19h treffen wir uns zum Nachtessen in Michalis Taverne. Da es ziemlich kühl ist und der Wind noch immer bläst, beschliessen wir, das Essen drinnen einzunehmen. In Windeseile werden im Gast- und Wohnraum der Besitzer Tische und Stühle platziert, so dass erstaunlicherweise alle von uns an den mit Papier überzogenen Tischen Platz finden. Es gibt gedünstetes Gemüse, weisse Bohnen und Artischockenböden als Vorspeise, Fleisch oder Fisch und als Dessert eine von der Chefin selbstgemachten «Schwarzwälder Kirschkuchen». Es dauert nicht lang, uns an den Inselweisswein der jeweiligen einheimischen Produzenten zu gewöhnen.

An der Wand hängen eine Reihe selbstgebaute, wunderschöne mit Einlegearbeit versehene Musikinstrumente, dreiseitige kretische Lyras und vierseitige von Karpathos. Ganz exotisch mutet der mit vielen Glöckchen besetze Bogen an. Zum Abschluss lässt sich Michalis erweichen, uns auf seinen Lyras etwas vorzuspielen und zu singen und gibt uns einen Eindruck von der archaischen, gemütsvollen, getragenen und zuweilen wild auftosenden Musik des Eilands. Um 11h sind wir müde, aber gerade noch fähig, die vielen Stufen zu unseren jeweiligen Terrassenhäuschen zu bewältigen.Mit einem liebevollen Dank für die herzerfrischende Zeit an alle Organisatoren und alle Teilnehmer.

Brigitte

Hiking in Switzerland and around the world