3. Mai, Positano – Monte Commune – Monte Vico Albano – Colle di San Pietri
Heute morgen hiess es zeitig nach dem Frühstück wieder Koffer schleppen, denn der Umzug zu unserem zweiten Hotel nach Sant’ Agata stand bevor. Zum öffentlichen Busparkplatz am Hafen war es jedoch nicht weit, und diesmal ging es ja abwärts. Nach dem Einladen der Koffer unten am Hafen verliessen uns bereits einige Abtrünnige, welche den Tag zu einer Schiffreise nach Capri, mit Rückfahrt nach Sorrento, nützen wollten. Der grosse Rest von uns setzte sich jedoch in den für uns reservierten Sonderbus.
Wenn am Ende des Vortages mit dem Schiff die Reise von Positano zurück nach Amalfi nur gut eine halbe Stunde dauerte, so brauchte unser Bus für die gleiche Strecke nach Positano, diesmal auf dem Landweg, auf der schmalen und kurvenreichen Küstenstrasse nun eine volle Stunde. Unzählige, meist ausländische, Cars mussten auf enger Strasse gekreuzt werden, zusätzlich parkierte Autos erleicherten das Kreuzen auch nicht gerade, und die oftmalige Zirkelei kostete nicht nur Zeit, sondern bestimmt auch Nerven für die oft weniger ortskundigen ausländischen Carchauffeure. Aussenspiegel mussten eingeklappt werden, und einmal glaubten wir schon, unser Bus hätte einen rechten Kratzer bekommen, als ein uns kreuzender Car neben uns nochmals zurück setzen musste und der Chauffeur etwas wenig aufpasste. Unser Busfahrer stieg etwas besorgt aus und diskutierte, aber es war, meine ich, zum Glück kein Schaden, ich sah wenigstens keinen als ich am Zielort ausstieg und aus Neugier kurz nachsah. Im übrigen nahm es unser Chauffeur jedoch gelassen, für ihn bedeutete diese Zirkelei wohl tägliches Brot, und er wurde, am Zielort angekommen, berechtigterweise mit Applaus bedacht.
Die “Langwanderer”, unser achtzehn plus Adrian, verliessen den Bus am gegenüberliegenden Ende von Positano an einer Abzweigung von der Küstenstrasse. Einige wenige von uns blieben jedoch bequem im Bus sitzen und liessen sich weiter direkt zu unserem Zielhotel chauffieren, wo dann auch unsere Koffer abgeladen wurden.
Als Vorteil für uns Langwanderer erwies sich, dass die Küstenstrasse bei Positano recht hoch am oberen Ende des steil in den Hang gebauten Dorfes verläuft, so dass uns beim nun folgenden Aufstieg nach Santa Maria del Castello die vielen Treppen vom Hafen bis zur Küstenstrasse, immerhin etwa 150 Höhenmeter, erspart blieben. Es gab auf dem alten Saumpfad, den wir nun nach Santa Maria del Castello (etwas über 600 m ü.M gelegen) einschlugen, zwar praktisch keine Treppen mehr, jedoch viele Kehren, viele von uns kannten den langen Zickzackweg bereits aus dem Abstieg vom Vortag her (“in endlosen Kehren” las jemand aus dem Reiseführer damals vor). Als erprobte Bergwanderer brauchten wir für den Aufstieg durch den Steilhang zur Geländekante von Santa Maria del Castello jedoch im gleichmässigen Schritt nur etwas über eine gute Stunde, es war noch nicht allzu heiss, und um ein Viertel nach elf Uhr erreichten wir dankbar die Dorfschenke des auf einem flachen Plateau gelegenen kleinen Weilers. Die Aussicht auf eine Erfrischung war den Umweg zum Restaurant, den wir von der Geländekante aus zum Weiler machen mussten, allen wert gewesen.
Nach dem Bier, Kaffee, Glacé und was sonst noch so alles konsumiert wurde, wanderten wir alle erfrischt den wenig langen Weg zur Geländekante zurück und bogen nun nach rechts Richtung Monte Commune (874m ü.M) ab. Es lagen noch etwas über 200 Höhenmeter nicht sehr steiler Aufstieg vor uns, welcher gut zu bewältigen war. Über eine Blumenwiese erreichten wir den Kulminationspunkt, gegen das Innere der Halbinsel nur flach, zur Küste jedoch steil abfallend. Hier machten wir inmitten von Blumen Mittagsrast. Wenn man mit genügend Schwindelfreiheit etwas vorging sah man über die steilen Hänge hinunter auf die Bucht von Positano. Nach Westen hin sah man über relativ sanft abfallende Hügelzüge und den westlichen Zipfel der Amalfi Küste bis nach der Insel Capri.
Wesentlich näher war auch unser heutiges Wanderziel, der Colli di San Pietro, auszumachen. Sant’ Agata, unser eigentliches Ziel, versteckte sich hinter einem vorgelagerten Hügelzug.
Bei dem schönen Wetter und der angenehmen Temperatur verlängerte Adrian unsere auf 40 Minuten angesagte Mittagspause kurzerhand um weitere 15 Minuten. Als auch diese Zeit um war schienen Adrian und Raffaello eingeschlafen, wir aber scharrten alle vernehmlich mit den Füssen, und so machten sie sich auch, notgedrungen und eher unwillig wie es schien, auch wieder marschbereit.
Über eine langezogene Wiese ging es hinunter in Richtung eines Sattels (581 m ü.M.) und an einer sich dort am Grillfeuer vergnügenden italienischen Grossfamilie vorbei danach mit sanfter Gegensteigung durch Wälder und Blumenwiesen zu einem weiteren Gipfel, dem Monte Vico Alvano (642 m ü.M.). Der Ausblick über die nun sichtbare Bucht von Neapel bis hin zum Vesuv zur Rechten und Ischia zur Linken am Horizont war herrlich. Unter uns sahen wir die grosse Häuseransammlung von Sorrento.
Ein kurzes Wegstück wieder zurück gehend führte uns ein recht langer aber angenehm abfallender Zickzackweg mit herrlicher Aussicht durch einen strauchbewachsenen Abhang hinunter zum Nobelhotel Antico Parco del Principe, auf der Wasserscheide zwischen Sorrento- und Amalfi Küste gelegen. Der schöne Park sah zwar etwas vernachlässigt aus, aber es wurde an der Instandstellung gearbeitet. Das alte Hotel mit einem schönen Gartenrestaurant war jedoch offensichtlich noch nicht eröffnet. Es gab zwar herumhantierendes jüngeres Personal und das Gartenrestaurant schien für Gäste bereit, aber das Personal hätte uns nur Wasser anzubieten gehabt, wie sie uns erklärten.
Das schien uns trotz schöner Aussicht auf und über die Bucht von Sorrento doch zu ungenügend, und so nahmen wir noch das kurze flache Wegstück zum Colle die San Pietro, auf einer kleinen Asphaltstrasse gehend, unter die Füsse, wo wir um viertel vor fünf Uhr eintrafen. Der Bus zum gemäss Strassenschild nur sieben Kilometer entfernten Sant’ Agata war auf halb sechs bestellt, und so verblieb in dem dortigen Gartenrestaurant noch Zeit, zwar ohne die schöne Aussicht die wir vom Hotel aus gehabt hätten, den Durst zu löschen. Wer auf die Toilette wollte hatte allerdings Pech, sie war aufgrund eines Defektes ausser Betrieb und man wurde bei Nachfrage in den hinteren Teil des Parkplatzes Richtung Gebüsch verwiesen! Kein Wunder verzichteten fast alle unter diesen Umständen auf ihr kleines Geschäft.
Der pünktlich eintreffende Bus brachte uns über Hügelketten nach Sant’ Agata, welcher Wohn- und auch Fremdenort ebenfalls auf der Wasserscheide zwischen der Sorrento- und der Amalfi Küste liegt. Meine Frau Helen, welche mit einigen anderen am Morgen direkt dorthin gereist war, empfing uns ausgeruht und fröhlich und zeigte uns, wo unsere Zimmer im Hintergebäude des frisch renovierten Hotels waren. Das Hotel erwies sich im folgenden als sehr angenehm, leider war allerdings das Schwimmbad noch im Umbau, und wir genossen am Abend im Essaal ein vorzügliches gemeinsames Abendessen mit aufmerksamer Bedienung. Auch unsere Capri Reisenden kamen (ich meine mit dem Taxi) noch knapp rechtzeitig zum Abendessen an und schwärmten von der Schönheit von Capri. René