05-22 Ranti-Wald

Mi., 22.05.2024: Ranti-Wald mit Naturführer Lefteris

Naturführer Lefteris holt uns im Hotel Cove Bay (Ikaria) morgens um 9h ab. Er stellt sich vor als Eingeborener. Sein Stolz auf die Insel mit ihren Einwohnern und der Pflanzenwelt ist unverkennbar. Wir werden sehen, dass es sich hierbei um ein fachlich und persönlich abgestütztes, überaus ehrliches und beindruckendes Engagement handelt. Lefteris arbeitet heute u.a.. als Naturführer, hat aber in der Vergangenheit an wissenschaftlichen Projekten mitgewirkt und sein beruflicher Hintergrund ist wohl die Botanik (ohne dass er einen entsprechenden Abschluss in Anspruch nimmt).

Wir fahren mit dem Bus nach Petropouli. Dieser Ort liegt am Eingang zu dem als UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Naturpark „DasosRanti“. Der Park erstreckt sich über 16 km2 in einer hügeligen Lage; im Zentrum liegt auf dem höchsten Punkt das Kirchlein Christos auf 607 MüM. Das gesamte Gebiet befindet sich in der mittleren der auf drei Zonen von West nach Ost aufgeteilten Insel Ikaria.

Obwohl der Park seitens UNESCO diesen hohen Schutzstatus aufweist, gibt es keine eigentliche Parkverwaltung. Aber die Unterschutzstellung erfolgte selbstverständlich auf Wunsch und im Einverständnis mit dem griechischen Staat und gibt dem Projekt einen gewissen Schutz. Die Durchsetzung der Interesssen des Parks gegenüber Interessen Dritter scheint aber durchaus kein Selbstläufer zu sein. Lefteris hat sich dazu allerdings nicht weiter geäussert.

Arbutusandrochnae (Erdbeerbaum) mit Naturführer Lefteris

Quercus coccifera (Kermeseiche)

Der wohl bedeutendste Teil des Parks ist (Ur-)Wald mit zahlreichen dreihunderjährigen Eichen. In seinen Ausführungen konzentriert sich Lefteris auf Quercus (Eiche) und Arbutus (Erdbeerbaum).

Nun zum eigentlichen Thema von Lefteris: Wie funktioniert die Natur – Bäume und Pflanzen -, und was können wir von diesen auch im Hinblick auf die aktueller und prognostizieren Klimaveränderungen lernen? Anhand des einfachen Beispiels einer am Boden liegenden Eichel sehen wir, dass bereits dieser unscheinbare Samen weiss, in welche Richtung er seine Wurzeln entwickeln muss (er kennt das Gesetz der Gravitation). Die Fähigkeiten der Bäume und Pflanzen gehen allerdings weit darüber hinaus: Sie kommunizieren miteinander und sind sich in geschätzten 90% der Fälle freundlich gesinnt – anders als wie früher dargestellt befinden sie sich nicht in einem Verdrängungskampf um Licht, Wasser, etc.

Wir sehen Eichengruppen, die dem Erdbeerbaum ein Lichtprofil freilassen, damit sich dieser ebenfalls entwickeln kann. Offensichtlich profitieren alle davon, weil ein gegenseitiger Windschutz entsteht. Es dürfte ausserdem so sein, dass sich die chemische Zusammensetzung der Böden rund um die verschiedenen Baumarten ergänzen. Der ganze Boden ist (nicht nur hier auf Ikaria sondern überall) durchwirkt von einem spinnwebenartigen Mycel (Pilzgewebe). Dieses erst in den letzten Jahren weltweit intensiv erforschte Kommunikationssystem zwischen den Pflanzen dürfte dafür verantwortlich sein, dass die Pflanzen an die benötigten Nährstoffe gelangen, aber auch vor Gefahren gewarnt werden. Lefteris berichtet von einer gross angelegten Studie, der die These zugrunde liegt, dass sich Bäume gegenseitig über eine grosse Distanz hinweg vor einer Feuersbrunst warnen; jedenfalls fiel auf, dass sich Bäume weit weg von einer Feuerbrunst bereits durch Einrollen der Blätter (Verkleinerung der Angriffsfläche gegenüber dem Feuer) wappnen.

Weiterhin zeigt uns Lefteris eine natürliche Kreuzung der beiden auf Ikaria bekannten Varianten des Arbutus (u.a. Arbutusandrachnae). Dieser Hybrid wurde kürzlich entdeckt; seine neu entwickelten Eigenschaften werden als Reaktion auf die Klimaveränderung gesehen. Der Baum steht offenbar unter weltweiter wissenschaftlicher Beobachtung.

Im Abstieg zurück an den Ausgangspunkt Petropouli zeigt uns Lefteris am Wegrand eine Oreganumpflanze. Dieses wurde gerade eben in einem Labor untersucht mit dem Ergebnis, dass sie Eigenschaften aufweist, die nur auf Ikaria vorkommen (endemisch).

Unsere Reisegruppe dankt Lefteris und unserer Reiseleiterin Christina Grünbauer für diesen ausgesprochen interessanten und freundschaftlichen Tag, der uns in mancher Hinsicht Einblick in das Leben auf Ikaria von damals und heute brachte.

Thomas

Hiking in Switzerland and around the world